SchUM-Städte – Die Wiege jüdischer Gelehrsamkeit


Die jüdischen Zentren in den drei Domstädten Speyer, Worms und Mainz am nördlichen Oberrhein sind seit dem Hochmittelalter unter dem hebräischen Akronym SchUM – Schpira-Warmaisa-Magenza – bekannt. In diesen Städten wurden die Grundlagen für die Ausprägung einer neuen jüdischen Kultur nördlich der Alpen gelegt: die Kultur der Juden von Aschkenas. Sie zeichnet sich durch die herausragende Bedeutung der rheinischen Gelehrten, der einzigartigen Verbindung der Gemeinden untereinander sowie die Ausstrahlung, die von den dort geschaffenen Texten, Bauwerken und Kunstwerken bis heute ausgeht, aus.

Rabbi Schlomo ben Jizchak, genannt Raschi, ist neben den Mainzer Gelehrten die zentrale Figur des anhaltenden Ruhms der SchUM-Städte. Er studierte ab 1060 im damals in der jüdischen Welt Europas hoch angesehenen Lehrhaus in Mainz und anschließend in Worms. Bis heute sind seine Worte aktuell und jede Ausgabe des Babylonischen Talmuds wird mit dem Kommentar Raschis gedruckt. Nach ihm ist das Jüdische Museum in der Hinteren Judengasse 6 in Worms benannt, das auf den mittelalterlichen Grundmauern und Kellergewölben des einstigen Tanz-, Hochzeits- und Lehrhauses der Jüdischen Gemeinde steht.

Die jüdische Kultur spiegelt sich in allen drei Städten in bemerkenswerten Bauwerken und Museen wider. Die jüdischen Friedhöfe „Heiliger Sand“ in Worms und „Judensand“ in Mainz sind die ältesten erhaltenen jüdischen Friedhöfe in Europa. Besonders sehenswert ist der Friedhof „Heiliger Sand“, der mit der ersten Wormser Synagoge um das Jahr 1034 entstand. Die rund 2.000 Gräber, darunter Grabdenkmäler berühmter Rabbiner, sind Ziel vieler jüdischer Besucher aus der ganzen Welt. Aus Mainz, wo bis zum 11. Jahrhundert die bedeutendste jüdische Gemeinde Mitteleuropas wirkte, stammen die ältesten jüdischen Grabsteine nördlich der Alpen.

Eingangsbereich des Mikwe-Ritualbades im Judenhof Speyer, Pfalz

Eingangsbereich des Mikwe-Ritualbades im Judenhof Speyer, Pfalz

In Speyer konzentriert sich das bauliche Erbe der mittelalterlichen jüdischen Gemeinde um das Ensemble „Judenhof“ in der Kleinen Pfaffengasse mit den Resten der Synagoge, der ältesten bekannte Monumentalmikwe (Ritualbad) und Museum SchPIRA. Dort siedelte sich die jüdische Gemeinde Ende des 11. Jahrhunderts mit der Unterstützung des Speyerer Bischofs Rüdiger Huzman an. Im Judenhof entstand eine Männersynagoge, die später um ein Frauenbethaus ergänzt wurde. Die Ruine der Synagoge ist der älteste aufrecht stehende Kultbau in Mitteleuropa aus dem Mittelalter. Das jüdische Ritualbad (Mikwe) fand erstmals 1126 Erwähnung und blieb nahezu unverändert über die Jahrhunderte hinweg erhalten. Es ist eines der ältesten noch erhaltenen dieser Art und von besonderer kulturhistorischer Bedeutung. Eine Treppe führt im Tonnengewölbe zehn Meter in die Tiefe zum quadratischen Badeschacht. Dort wurde die nach den mosaischen Gesetzen vorgeschriebene kultische Reinigung vorgenommen.

Ausstellungsstücke im jüdischen Museum SchPira in Speyer, Pfalz

Ausstellungsstücke im jüdischen Museum SchPira in Speyer, Pfalz

Das Museum SchPIRA vermittelt den Besuchern mit archäologischen Exponaten und Texttafeln einen Einblick in das kultisch-rituelle Leben der Speyerer Juden in der Synagoge, im Ritualbad und auf dem Friedhof. Unter anderem werden Grabsteine, Architekturelemente und Bodenfliesen der Synagoge sowie Münzen aus dem „Schatz von Lingenfeld“ gezeigt. Im Medienraum gibt es Filme in mehreren Sprachen zur Mikwe und zum Judenhof zu sehen sowie eine interaktive Medienstation.

Die Gemeindezentren und Friedhöfe der SchUM-Stätten Speyer, Worms und Mainz sind bis heute einzigartige Zeugnisse des aschkenasischen Judentums mit einem außergewöhnlichen universellen Wert. Im Juli 2021 wurden sie in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen und somit als UNESCO Weltkulturerbe ausgezeichnet.

Mehr Ausflugstipps für Kulturliebhaber in den SchUM-Städten:


Mehr Infos zu den SchUM-Städten

Erfahre alles zum jüdischen Erbe und den SchUM-Stätten Speyer, Worms und Mainz beim SchUM-Städte e.V.

Judenhof UNESCO Welterbe SchUM Speyer

Speyer Als „Jerusalem am Rhein“ erlangten die jüdischen Gemeinden von Speyer, Worms und Mainz im Mittelalter hohes Ansehen in Europa. Bis heute sind die sog.…

Museum SchPIRA

Speyer Das Museum SchPIRA stellt die original erhaltenen Fenster, Architekturteile und Münzfunde der mittelalterlichen Synagoge und dem Ritualbad aus.

Neue Synagoge

Mainz 1912 wurde die Hauptsynagoge an der Kreuzung von Hindenburg- und Josefsstraße errichtet, die in der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938…

SchUM Storytelling App

Worms Die SchUM-Storytelling-App eröffnet Ihnen eine faszinierende Zeitreise durch das jüdische Erbe in Worms, Speyer und bald auch Mainz. Der Name „SchUM“…

Synagoge

Worms Worms, hebräisch Warmaisa, war seit dem 11. Jh. eine blühende jüdische Gemeinde. Mittelpunkt des ehemaligen Judenviertels war und ist die Synagoge mit…